Rietberg, den 31.7.1905

Der Rückgang der Imkerei im Regierungsbezirke Minden ist eine nicht zu leugnende Tatsache. Ein deutlicher Beweis hierfür sind die vielen leerstehenden Bienenhütten, die man allerorten antrifft. Die Ursachen des Rückganges sind mannigfacher Art, zum Teil sind sie in dem Bericht des Herrn Landrats von Herford angegeben. Wie ist diesem Rückgang zu steuern und wie kann die Imkerei wieder zur Blüte gebracht werden? Auf diese Frage antworte ich mit folgenden Vorschlägen:

Unter den heutigen Zeitenverhältnissen kann die Imkerei nur bei Mobilbaubetrieb einen Gewinn abwerfen. Nur beim Mobilbau ist der Imker imstande, ein Volk zu entwickeln, das zur Zeit der kurzen Trachtperiode (Linde, Klee, Buchweizen) bedeutsame Mengen Honig einträgt. Beim Stabilbau ist dieses nahezu ausgeschlossen. Es müßte also in erster Linie darauf hingewirkt werden, daß statt des Stabilbaues überall zum Mobilbau übergegangen wird. Zum Mobilbaubetriebe …. gehören aber Kenntnisse und diese Kenntnisse kann sich der Anfänger am besten in Imker-Lehrkursen und in Imkervereinen erwerben.

Es wäre demnach zu empfehlen, daß solche Imkerlehrkurse an allen größeren Orten des Kreises im Anschluß an einen vorhandenen guten Bienenstand abgehalten würden. In diesen Kursen können dann Anfängern die notwendigsten theoretischen und praktischen Kenntnisse vermittelt werden. Für die weitere Ausbildung und Anleitung müssen die Vereine sorgen. Empfehlenswert wäre es, wenn im gesamten Bezirke eines Landw. Lokalvereins auch ein Imkerverein gegründet würde. Beide Vereine müßten in inniger Verbindung miteinander wirken, eingedenk des Wortes des großen Imkers u. Landwirts, Freiherrn von Berlepsch: „Die Imkerei ist die Poesie der Landwirtschaft“.

Zur Leitung der Imkervereine sind im Kreise eine ganze Reihe tüchtiger Imker unter den Lehrern vorhanden. Wünschenswert wäre es, wenn auf den Tierschauen der Imkerei größere Geldgewinne und Diplome zugeteilt würden. Der Ansicht, als gehöre zum Betriebe der rationellen (Mobil)-Imkerei viele Zeit und Arbeit , die der Landmann diesem Nebenbetriebe nicht widmen könne, muß ich widersprechen. Viele Arbeiten am Bienenstande lassen sich zu einer Tageszeit ausführen, in der in der Landwirtschaft nicht gearbeitet wird. Mir sind im Kreise Höxter eine ganze Reihe von Landwirten bekannt, die in ziemlich bedeutsamem Umfange erfolgreich imkern, ohne ihre Berufspflichten im geringsten zu vernachlässigen.

Die erste Anregung zur Hebung der Imkerei geht am zweckmäßigsten von den Landw. Vereinen aus. Wenn hin und wieder statt eines Vortrages über Landwirtsch. acu ein solcher über Imkerei gehalten würde, so wäre dem Landwirt somit der erste Ansporn gegeben. Alles Weitere muß den Lehrkursen und Vereinen überlassen werden. In der vorbeschriebenen Weise wird im Kreise Höxter seit Jahren erfolgreich gearbeitet.

(gez.)

Harten, Hauptlehrer

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